Napoleons Weltherrschaft. — § 38. Niederwerfung Österreichs. 115
Verwaltungsbehörden der Monarchie“. Einrichtung eines Gesamtministeriums (Inneres, Finanzen, Äusseres, Krieg, Justiz) und Einsetzung eines Staatsrates (Prinzen, hohe Staatsbeamte, Personen königlichen Vertrauens) zur Begutachtung wichtiger Staatsangelegenheiten.
d) Beförderung der Volksbildung. Verbesserung der Schuleinrichtungen. Hebung der humanistischen Gymnasien. 1810 Stiftung der Universität Berlin. Wirken der Gelehrten in vaterländischem Sinne (Fichte, Schleiermacher u. a.*).
Iii. Militärische Reformen. Reformator Scharnhorst. Seine Mitarbeiter Gneisenau, Grolmann, Clause-witz, Boyen.
[Gebhard David Scharnhorst, Bauernsohn aus dem Hannoverschen, vorgebildet auf der Kriegsschule des Grafen Wilhelm v. Bückeburg (§ 21, Iv), erst in hannoverschem Dienst, im ersten Koalitionskriege sich auszeichnend, dann seit 1801 in preussischem Dienst. Als Mitglied des Generalstabes macht er sich um das militärische Unterrichtswesen verdient. 1806 Generalstabschef Ferdinands v. Braunschweig, wird er bei Auer-städt verwundet, leitet den Rückzug der Nachhut unter Blücher, mit dem er zu Ratkau kapituliert, zeichnet sich dann wiederum 1807 bei Eylau aus. Nach dem Tilsiter Frieden Generalmajor, Leiter der Reorganisationskommission und Lehrer an der Kriegsschule in Berlin.]
1) Einführung der allgemeinen Wehrpflicht — ein Volksheer statt eines Söldnerheeres! 2) Der Offizierstand wird allen Klassen zugänglich gemacht. 3) Die entehrenden Strafen werden abgeschafft. 4) Die Offiziersehre wird gehoben (Kriegsgericht über die Kapitulationen). 5) Bildung einer Reservearmee. Einziehung der von Napoleon gestatteten 42000 M. immer auf kürzere Zeit (das sogenannte „Krümpersystem“), wodurch in Wahrheit 150000 M. militärisch ausgebildet werden.
Iv. Ergebnis. Ein neuer Geist regt sich. Vaterlandsliebe und Aufopferungsfähigkeit erwachen. Zeichen der Zeit: die Stiftung des „Tugendbundes“, Fichtes „Reden an die deutsche Nation“, die Freiheitsdichter, Vorbereitung der Jugend zum Waffendienst (die Turner Jahns)!
§ 38. Die Niederwerfung Österreichs.
1809.
I. Kriegs vorbereitungen. Der Druck der Napoleonischen Herrschaft erweckt das schlummernde National-
Der Philologe J ak0 b s übersetzt die demosthenischen Reden zu Lehre und Beispiel der Jugend.
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Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Berlin Bückeburg Ferdinands Berlin Fichtes
122 Befreiungskriege. — § 40. Die preussische Erhebung.
Wiedereintritt in das preussische Heer wird er Oberst eines leichten Jägerregiments und deckt beim Rückzug von Jena den Elbübergang bei Altenzaun (§ 35, Ii. b, 4). Dann wird er General und Generalgouverneur der Provinz Preussen. Scharf wie gehacktes Eisen“ (von den Soldaten „Isegrim" genannt). Zwar schroff, doch entschlossen und voll edlen Selbstbewusstseins.]
30. Dez. 30. Dezember 1812. Abschluss einer Übereinkunft mit
1812 den Russen in der Poscheruner Mühle bei Tauroggen.
York erklärt sich für neutral; die preussischen Truppen trennen sich von den französischen.
Der vom König gezwungener Weise ausgesprochene Absetzungsbefehl * gelangt nicht in Yorks Hände.
5. Januar 1813. Yorks Einzug in Königsberg, Wiederübernahme seines Amtes als Generalgouverneur.
Iii. Rüstungen. Einrücken der Russen in die Provinz Preussen. Stein übernimmt im Aufträge Alexanders die
Verwaltung (Murren Yorks) und beruft die Stände nach
Königsberg. Beschluss dieser, die Provinz auf eigene Hand zu waffnen, eine Landwehr und einen Landsturm zu bilden und ein Kavallerieregiment auszurüsten. Vaterlandsliebende Männer (Auerswald, Graf Dohna, der Oberpräsident Schön) nehmen die Leitung in die Hand. Alle Waffenfähigen eilen zu den Fahnen. York übernimmt den Oberbefehl.
Der König entzieht sich der Gefahr, als Geisel von Berlin fortgeschleppt zu werden, durch Übersiedelung nach Bres-3. Febr. lau {22. Januar 1813). 3. Februar Aufruf zur Bildung frei-
1813 williger Jägerkorps, von Hardenberg unterzeichnet — das Zeichen, dem Beispiel Preussens zu folgen, für die übrigen Provinzen. Die Zahl der P reiwilligen von allen Altersstufen (Väter mit ihren Söhnen, Professoren mit ihren Schülern — Steffens in Breslau —, grosse Zahl von Gymnasiasten!) übersteigt alle Erwartung. Sammlung in Breslau unter den Augen des Königs (vgl. das Gemälde von Camphausen). Freikorps bilden sich („Lützows wilde, verwegene Jagd“). Der hohe Schwung der Begeisterung, durch die vaterländische Dichtung genährt, bekundet sich in der Spendung freiwilliger Gaben (goldene Trauringe werden gegen eiserne ausgetauscht; Friederike v. Schmettau opfert ihr goldenes Haar). 110000 M. sind bis Ende März ins Feld gestellt; dazu bis Mai 170000 M. Landwehr, bei einer Bevölkerung von 4% Millionen, von 17 Seelen ein Krieger!
* York schreibt an den König: „Ich lege willig meinen Kopf zu Ew. Majestät Füssen, wenn ich gefehlt habe, und werde ebenso ruhig auf dem Sandhaufen sterben wie auf dem Schlachtfelde.“
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ig. Juli 1870
1870 bis
1871
186 Zeit gemässigten Fortschrittes. — § 62. Der französische Krieg.
Trotz der Erklärung König Wilhelms, dass er auf den Entschluss des Prinzen keinen Einfluss gehabt, auch dem Prinzen nichts vorzuschreiben habe, wird ihm die Zumutung gestellt, dem Prinzen die Annahme der Krone zu untersagen.
[Der französische Botschafter, Graf Benedetti, überbringt (9. Juli 1870) persönlich dem zu Ems behufs einer Brunnenkur weilenden Könige * das Ansuchen des französischen Ministers des Äusseren, des Herzogs v. G r am o nt. König Wilhelm erklärt, er wolle, obwohl er nur als Haupt der Familie von dem Entschluss des Prinzen Kenntnis erhalten und die preussische Regierung der Angelegenheit ganz fern stehe, sich doch mit dem Vater des Prinzen in Verbindung und den Botschafter von den Familienbeschlüssen in Kenntnis setzen.]
Obwohl bald darauf die Nachricht eintrifft, der Prinz habe auf die spanische Krone verzichtet, verlangt der Herzog v. Gramont doch von dem Könige durch Benedetti die Versicherung, dass er zu keiner anderen Zeit dieser Kandidatur seine Genehmigung erteilen wolle, und stellt an den preussischen Gesandten in Paris die Forderung, der König solle einen Entschuldigungsbrief an Kaiser Napoleon schreiben. Der König erklärt dem Botschafter Benedetti zu Ems, dass er auf ein Binden ohne Ende und für alle Fälle nicht eingehen könne, und weist weitere Unterredungen über diesen Punkt, auf die Benedetti dringt, zurück.
Aufregung in Paris.
swüste Strassenscenen! Die Fenster der deutschen Botschaft werden eingeworfen; der Ruf , nach Berlin, nach Berlin“ geht durch die Massen. Durch die Volksstimmung lässt sich Napoleon nach anfänglichem Schwanken fort-reissen; in den Kammern schreit man die besonneneren Redner (Thiers) nieder.]
Der von Olli vier geforderte Kredit wird von der Kammer fast einstimmig bewilligt. Am 19. Juli 1870 erfolgt die Kriegserklärung an Preussen.
§ 62. Der französische Krieg.
1870—1871.
I. Kriegsvorbereitung.
[Allgemeine Entrüstung in Deutschland. Auch im Ausland Stimmen: ,.Alle Deutschen zusammen!“ Der Empfang des Königs auf seiner Rückreise in allen grösseren Städten und seine einem Triumphzug gleichende Einfahrt in Berlin zeigen den heiligen Zorn des beleidigten Nationalgefühls, aus der dynastischen ist eine nationale Frage geworden.]
* Humoristische Darstellung des Vorganges in dem Scherzgedicht: „König Wilhelm sass ganz heiter“.
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Zeit gemässigten Fortschrittes — § 62. Der französische Krieg. 195
General Reille überbringt König Wilhelm auf die Höhe von Frenois einen Brief Na poleons, der meldet, dass der Kaiser, da ihm nicht vergönnt gewesen sei, an der Spitze seiner Truppen zu sterben, dem Könige seinen Degen zu Füssen lege. Wimpfen führt mit Bismarck, Moltke und Blumenthal zu Donchery die weiteren Unterhandlungen. Die von ihm hochmütig geforderte Freilassung des Heeres auf schriftlich gegebenes Ehrenwort wird zurückgewiesen. Auch Napoleon kann in einer Unterredung mit Bismarck (am Morgen des 2. September) das Schicksal 2-Sept-seiner Armee nicht abwenden. Es muss eine Kapitulation l87° unterzeichnet werden, kraft deren die Offiziere auf schriftliches Ehrenwort, dass sie die Waffen im gegenwärtigen Kriege nicht wieder ergreifen wollen, auf freiem Fusse belassen, die Mannschaften der ganzen französischen Armee (Über 100000 M.!) als Kriegsgefangene nach Deutschland geführt werden sollen.
[Napoleons Zusammenkunft mit König Wilhelm im Schlosse Bellevue und Gefangenschaft auf Wilhelmshöhe bei Kassel (Erinnerung an Jerome),•
König Wilhelms Depesche: ,,Welch’ eine Wendung durch Gottes
Fügung!“]
Der Tag von Sedan, einzig dastehend in der Weltgeschichte (binnen vier Wochen der Feind zur Hälfte eingeschlossen, zur Hälfte gefangen!), wird mit der Erhebung der Gemüter und dem alle Stämme durchdringenden Bewusstsein des Einsseins der Geburtstag der deutschen Nation.
D. Vor Paris. In Paris erklärt das aufgeregte Volk die Absetzung der napoleonischen Dynastie und richtet eine Regierung der nationalen Verteidigung ein, deren Präsident General Trochu, Minister des Innern Gambe 11 a, des Auswärtigen Jules Favre werden. Die Flottensoldaten* werden abberufen, Mobilgardisten in Dienst gestellt; mit Einschluss der Nationalgarde sind bald 400000 M. zur Verteidigung der Hauptstadt bereit. Die Stadt wird mit Lebensmitteln auf mehrere Monate versehen und in Verteidigungszustand gesetzt.
ö1^ deutsche Armeekorps ziehen sofort vor Paris. Der schwache Widerstand Ducrots (aus Sedan entkommen) wird leicht zurückgeworfen. Die Iii. Armee rückt gegen den Süden und Südosten, die Iv. gegen den Norden und Nordwesten
* Die Flotte hatte sich nur in kleinen Gefechten bei Hiddensee und bei Danzig mit der norddeutschen gemessen und keine Erfolge erzielt.
Einige Ostseehäfen waren blockiert worden.
13*
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1 i 6 Zeit gemässigten Fortschrittes. -— § 59. Der österreichische Krieg.
bis anwesend, deren Verlust die Vortrefflichkeit des von Moltke entworfenen Schlachtplanes gerade durch seine Nichtbeachtung deutlich vor Augen stellt. 1839 wieder Mitglied des Grossen Generalstabes in Berlin, 1855—1859 Adjutant des Kronprinzen Friedrich Wilhelm, den er nach St. Petersburg, London und Paris begleitet (Urteil der Kaiserin Eugenie über ihn). 1858 Chef des Grossen Generalstabes. Die grossen Heerführer der folgenden Kriege aus seiner Schule. Vorbereitung und Ordnung aller Heereszweige bereits im Frieden so, dass sie bei Ausbruch des Krieges sofort in Wirksamkeit treten können. Sein strategischer Grundsatz: „Getrennt marschieren, vereint schlagen!“ Ziel seiner Pläne, den Feind nicht sowohl in offener Schlacht zu schlagen, als durch Flankenbewegungen zu umstellen. Schnelligkeit in der Auffassung der augenblicklichen Verhältnisse und feine psychologische Beurteilung der Feinde zeichnen ihn im Felde, grosse Bescheidenheit und Wortkargheit („der grosse Schweiger“) neben Beweisen feiner innerer Bildung im geselligen Verkehr aus.]
Preussen von drei Seiten bedroht. Die Feinde an Zahl überlegen, Nachteile, die nur durch schnelle Verhinderung einer Vereinigung auszugleichen sind. Erster Angriff Preussens gegen die norddeutschen Feinde, welche die Verbindung der östlichen und westlichen Landesteile zu hindern vermögen, zu unternehmen, Hauptkraft aber gegen Böhmen zu richten. Gegen Böhmen Bildung dreier Armeen: Die I. unter Prinz Friedrich Karl aus drei Armeekorps* bestehend, die Ii. unter dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm, aus vier Armeekorps bestehend** und die sogenannte Elbarmee unter Herwarth von Bittenfeld, aus anderthalb Armeekorps bestehend,*** zusammen etwa 260000 Mann, den sieben Armeekorps der Österreicher in Böhmen an Zahl ungefähr gleich. Die I. sollte von der Lausitz aus in Böhmen eindringen, um sich dort mit der flussaufwärts marschierenden Elbarmee zu verbünden, die Ii. von Schlesien aus vordringen. Alle drei sollten sich im nördlichen Böhmen (etwa bei Gitschin zwischen der Iser und Oberelbe) vereinigen. Das 6. Armeekorps sollte von Neisse aus, um den Feind zu täuschen, nach Olmütz zu vorrücken. Eine Reserve von 24300 Landwehrmännern folgte der I. Armee im Rücken.
D. Kriegführung. Der Kampf 1) gegen die norddeutschen Feinde, a) Einrücken in Sachsen. Das sächsische
* Dem 2. (Pommern), dem 3. (Brandenburg), dem 4. (Sachsen) mit den Divisionen Horn und Franseck y.
-* Dem Gardekorps, dem l. (Preussen), dem 5- (Posen und Nieder-Schlesien) und dem 6. Korps (Oberschlesien).
*** Dem 8. Korps (Rheinländer) und der 14. Division des 7. Korps (Westfalen).
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56
Preussische Monarchie. — § 20. Der siebenjährige Krieg.
1756
1757
England - Hannover, früher heftigster Feind seines Neffen Friedrich, wird dadurch in das Lager Friedrichs getrieben. Der Abschluss eines Neutralitätsvertrages für Deutschland (zu Westminster) zwischen beiden wird für Frankreich, das von Österreich eifrig umworben wird* (die Marquise Pompadour auch persönlich durch Geringschätzung Friedrichs gekränkt), der Antrieb, zu den Gegnern Friedrichs überzutreten. Abschluss eines Freundschafts- und Verteidigungsbündnisses zwischen Österreich und Frankreich.
Iii. Ausbruch. Friedrich erfährt durch Zwischenträger (der österreichische Gesandtschaftssekretär Weingarten in Berlin, der Sekretär der sächsischen Geheimkanzlei Menzel in Dresden) die Pläne seiner Gegner, die im Frühjahr 1757 zur Ausführung kommen sollen. Der Entschluss, ihnen zuvorzukommen, durch die Umstände gerechtfertigt. Anfrage bei Maria Theresia, ob Krieg oder Frieden zu erwarten sei. Die Antwort fällt unbefriedigend aus.
August 1756. Friedrich rückt ohne vorgängige Kriegserklärung in Sachsen ein. Einzug in Dresden. Veröffentlichung der im Dresdener Archiv gefundenen Geheimakten über die Verschwörung der Mächte gegen Preussen als Rechtfertigung gegen die Anklage wegen Bruches des Völkerrechtes.
Iv. Der Krieg, i) Erstes Kriegsiahr. 1756. Augustiii. und sein Berater, Graf Brühl, ziehen sich in die Festung Königstein, die sächsischen Truppen in das feste Lager bei Pirna zurück. Dieses wird von Friedrich eingeschlossen.
1. Oktober. Die zum Entsatz herbeieilenden Österreicher unter Feldmarschall Graf Browne werden bei Lobositz (im nördlichen Böhmen, an der Elbe) geschlagen. Die bei Pirna eingeschlossenen 17000 Sachsen ergeben sich (grossenteils in die preussische Armee eingereiht, entlaufen sie massemveis, um in Polen ihrem Kurfürsten weiter zu dienen). Sachsen wird von Friedrich in Beschlag genommen. (Der Kurfürst begiebt sich nach Polen.)
2) Zweites Kriegsjahr. 1757. A. Rüstungen, a) Sturm der Empörung über Friedrichs Vorgehen. „Eine Welt in Waffen“ gegen ihn. 1) Der Reichstag beschliesst den Reichskrieg gegen den Friedensbrecher und lässt eine ,,eilende
* Der Brief, den Maria Theresia an die Marquise Pompadour mit der Anrede „ma chere cousine“ geschrieben haben soll, ist eine geschichtliche Fabel.
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Extrahierte Ortsnamen: England Friedrichs Deutschland Westminster Frankreich Friedrichs Friedrichs Frankreich Weingarten Berlin Dresden Sachsen Dresden Pirna Lobositz Pirna Sachsen Polen Sachsen Polen Friedrichs
144 Zeit der Rückströmung. — § 48. Freiheitskampf der Griechen.
kommission zu Mainz, Verfolgung der sogenannten „Demagogen“.
2) Die Einrichtung von Verfassungen wird eingestellt. Die Wiener Schlussakte von 1820 schliesst zwar landständische Verfassungen nicht aus, beschränkt sie jedoch so, dass dadurch die absolute Gewalt der Fürsten nicht berührt wird.
3) Entfernung freier denkender Männer aus Staats- und Lehrdienst. (Wilh. v Humboldt, Schön, Gneisenau, Boyen, Niebuhr ziehen sich zurück; Arndt, Jahn u. a. verlieren das Recht zu öffentlichem Lehren.)
§ 48. Der Freiheitskampf der Griechen.
1822 — 182g.
I. Griechische Erhebung. Die Griechen der
Türkei finden zwar durch Einmischung des russischen Zaren einigen Schutz, seufzen aber dennoch schwer unter dem Joch türkischer Paschawirtschaft. Die Idee eines Befreiungskampfes erwacht und wird durch Geheimbünde (Hetärien) genährt.
182 i erhebt der moldauische Fürst Alexander Ypsi-lanti, Freund des russischen Ministers Kapodistria und selbst russischer Offizier, in Hoffnung auf russische Unterstützung die Fahne des Aufstandes in den Donauländern. Seine Niederlage bei Dragatschan, Flucht und Haft in Munkacz (vgl, Wilhelm Müllers Gedicht) beendet hier den Aufstand. Doch nun Erhebung der Griechen in der Peloponnes (Mainoten, Abkömmlinge der alten Spartaner, die „Klephthen“ in Messenien und Achaja) auf den Inseln (die Hydrioten) und in Hellas (der Böotier Odysseus).
Ii. Heldenkampf. Sprengung eines türkischen Admiralschiffes durch die Hydrioten. Einschliessung türkischer Truppen bei Tripolitza. Dagegen Greuel der Türken!
[In Chios werden 23 Ooo Menschen ermordet, 47 000 Frauen und Kinder in die Sklaverei verkauft.]
Der Opfermut der Hellenen weckt Begeisterung in den westlichen Ländern. Die Dichtkunst nährt sie mit dem Preise griechischer Heldenthaten (Wilhelm Müller, Chateaubriand, Lord Byron). Vereine von ,,Philhellenen“ steuern Geldmittel bei, Streitkräfte (unter Führung des würtembergi-schen Generals Nor mann) leisten Zuzug. Der Freiheitskampf hat glücklichen Fortgang.
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114 Napoleons Weltherrschaft. — § 37. Preussens Wiedergeburt.
Preussens tiefer Fall wird Mahnung zur Selbsterkenntnis. Weitsichtige und patriotische Männer, jetzt dem Throne nahe (Hardenberg, Schön, Stägemann, später auch W. von Humboldt, Niebuhr, Vincke u.a.), leiten mit dem Könige eine Umgestaltung des Staatswesens ein. Niedersetzung einer ,,Immediatkommission zur Vorberatung von Reformen. Stein, der, mit dem Könige kurz zuvor zerfallen, sein Amt niedergelegt hatte, tritt wieder in das Ministerium und wird der eigentliche Reformator des preussischen Staates.
[Karl, Freiherr vom Stein, zu Nassau 1757 geboren, aus ehemals reichsunmittelbarem Adelsgeschlecht, tritt, einundzwanzigjährig, noch unter Friedrich dem Grossen in den preussischen Staatsdienst. Seit 1804 Leiter des Finanzwesens (1806 Retter der Staatskassen, s. § 35, Iii., 1), zerfällt der excentrische und genialische Mann“ mit dem König. Bald wieder berufen, wird er jedoch schon 1808 infolge eines von Spionen aufgefangenen Briefes an Fürst Wittgenstein (im „Moniteur“ als Beweis der franzosenfeindlichen Stimmung in Preussen abgedruckt) von Napoleon geächtet („le nomme Stein“). 1812 nach Russland berufen, ist er während der Kriegszeit Berater Alexanders.]
Ii. Umgestaltung, a) Sociale Reformen. Okt. 1807. Aufhebung 1) der „Erbunterthänigkeit“ der Bauern. Der Acker wird nach Ablösung sämtlicher leasten und Frohn den freies Eigentum des Landmannes. Die Befreiung des Bauernstandes ein Werk preussischer Könige.
[Schon Friedrich Wilhelm I. hatte die Erbunterthänigkeit in einigen Ämtern aufgehoben, Friedrich der Grosse die Aufhebung der Leibeigenschaft „absolut und ohne das geringste Räsonnieren“ geboten, aber Widerstand bei der Ritterschaft gefunden. Auf den königlichen Domänen war indessen das Hörigkeitsverhältnis beseitigt worden. Die gänzliche Aufhebung des Unterthänigkeitsverhältnisses der Bauern betrieb Friedrich Wilhelm Iii. mit warmem Herzen.]
2) der Unveräusserlichkeit der Rittergüter. Der Besitz wird beweglicher, die Thätigkeit freiwirkender Kräfte der
Landwirtschaft gewonnen.
3) des Zunftzwanges. Dem Gewerbebetrieb wird durch Beseitigung des Willkürregiments der Zunftmeister freie Bewegung geschaffen.
b) Einrichtung der Selbstverwaltung. November 1808. Erlass der Städteordnung. Die Verwaltung der städtischen Angelegenheiten wird in die Hand der Bürger ge egt. reis und Provinzialordnungen sollen folgen; die Einrichtung einer Landesvertretung, gleichfalls beabsichtigt, wird späterer Zeit
vorbehalten. to^q
c) Verbesserung der Staatsverwaltung. November 1808. „Verordnung über die veränderte Verfassung der obersten
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Extrahierte Personennamen: Napoleons W._von_Humboldt Niebuhr Friedrich Friedrich Napoleon Alexanders Frohn Friedrich Wilhelm_I. Friedrich Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Hardenberg Nassau Wittgenstein Preussen Russland Alexanders
116 Napoleons Weltherrschaft. — § 38. Niederwerfung Österreichs.
gefühl auch in Österreich. Auch hier Erkenntnis der Nothwendigkeit einer geistigen, politischen und militärischen Wiedergeburt. Reformen, eingeleitet durch Graf Stadion und Erzherzog Karl
[Graf Stadion, seit dem Frieden von Pressburg leitender Minister, entlastet die gedrückte Landbevölkerung, schafft allen Ständen freie Bewegung und entzündet mit Wiederbelebung der geistigen und sittlichen Kräfte des Volkes die Vaterlandsliebe. Erzherzog Karl bildet ein wohlorganisiertes und wohlbewaffnetes Heer (mit den „Landmilizen“ etwa 500000 Mann) und haucht ihm militärischen Geist ein,]
Der spanische Volkskrieg giebt das Zeichen zur Erhebung. Unterstützung Österreichs durch Zuzüge (Fried-rich Wilhelm von Braunschweig) und Volkserhebungen in Tirol und im Norden Deutschlands (Dörnberg*, und Schill**), doch nicht durch Bundesgenossen! Preussen, von wo Stein verbannt (§ 37, I, [J), zu schwach zum Beistände, auch durch den russischen Nachbar zurückgehalten. Armeebefehl des Erzherzogs Karl und Aufruf „an die deutsche Nation“ (Gentz und Friedrich Schlegel in der Umgebung des Erzherzogs).***
Ii. Der Krieg in Deutschland. Einfall Erzherzog Karls in Bayern. Napoleon wirft ihm an der
Donau überlegene (französische und rheinbündische) Streitkräfte Apr. 1809 entgegen. In der zweiten Hälfte des April 4 Siege Napoleons bei Regensburg über vereinzelte österreichische Korps. Rückzug der Österreicher nach Mähren. Napoleon Mitte Mai in Wien. Die Schlachten bei Aspern und
Esslingen (auf dem Marchfelde am linken Donauufer Mai 180g gegenüber Wien — 21. und 22. Mai ) Napoleons erste Niederlagen (Not der Franzosen auf der Donauinsel Lobau).
* Dörnberg aus Hessen, Oberst im hessisch-westfälischen Heere, leitet gegen die Franzosenherrschaft im Königreich Westfalen einen Aufstand ein, an dem sich namentlich das Landvolk beteiligt. Die Bauern, die zu früh losschlagen, werden durch Jerömes Truppen zerspengt. Dörnberg entkommt zu Friedrich Wilhelm von Braunschweig.
** Schill, Mitverteidiger Kolbergs (s. o. § 35, Ii.), preussischer Major,
will den König von Preussen zum Kriege fortreissen und führt sein Regiment
(-00 Husaren), durch Zuzüge verstärkt, zur Unterstützung Dörnbergs über Wittenberg nach Halle, wo er die westfälische Besatzung gefangen nimmt, zieht sich aber auf die Kunde des Misserfolgs in Hessen, tapfer fechtend (bei Dodendorf unweit Magdeburg), zurück und wirft sich endlich in die Festung Stralsund, wo er bei der Verteidigung fällt. Die Offiziere und die westfälischen Unterthanen werden (zu Wesel und Braunschweig) erschossen. Die Gemeinen wandern auf die Galeeren in Frankreich
*** Die Freiheit Europas hat sich unter eure Fahnen geflüchtet“. „Unsere
Sache ist die Sache Deutschlands“.
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Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Pressburg Deutschlands Preussen Deutschland Karls Bayern Donau Napoleons Regensburg Wien Aspern Esslingen Donauufer_Mai Wien Napoleons Donauinsel_Lobau Hessen Königreich_Westfalen Wittenberg Hessen Magdeburg Wesel Frankreich Europas Deutschlands“
Napoleons Niedergang. — § 39. Der Krieg gegen Russland. 119
provocateurs), schwere Ahndung jeder freiheitlichen Regung! Im Innern Druck durch Steuern und Aushebungen (Davout in Hamburg ,,der Wächter und Quäler Norddeutschlands“); aussen Furcht vor dem Ausbruch neuer Despotenlaunen und neuer Erpressungen.
Nur zwei Mächte Europas gehorchen seinen Geboten nicht — Russland und England. Entschluss, auch diese niederzuwerfen. Ein Krieg gegen Russland soll ihm den Orient eröffnen, um dann England in Indien angreifen zu können.
Ii. Bruch mit Alexander I. i) Die Vergrößerung des Grossherzogtums Warschau im Wiener Frieden Anlass zur Spannung. 2) Die Beraubung des Herzogs von Oldenburg, eines Verwandten des russischen Kaiserhauses, durch Einziehung seines Landes (§ 38, V, 5) eine persönliche Kränkung des Zaren. 3) Das Verlangen Napoleons, zur wirksamen Durchführung der Kontinentalsperre die Einführung von Zucker und Kaffee unter neutraler Flagge zu verbieten, wird von Alexander zurückgewiesen; ein neuer Zolltarif erleichtert die Einfuhr englischer Waren zum Nachteil der französischen.
Iii. Kriegsrüstungen und Pläne, i) Napoleon
gewinnt Österreich als Bundesgenossen (Hoffnung auf Landerwerb. Metternich!) 30000 Mann unter Schwarzenberg werden ihm zu Gebote gestellt. Preussen, von allen Seiten umstellt, muss trotz der Abmahnung aller Vaterlandsfreunde (viele Offiziere gehen in russische Dienste*) in ein Bündnis willigen und stellt 20000 Mann. Napoleon bescheidet die Fürsten und Heerführer nach Dresden
[Auch Friedrich Wilhelm Iii. und Kaiser Franz erscheinen. Napoleons Tagesbefehl: „Die Könige, Prinzen, Fürsten und Marschälle haben sich zu ihren Heeresabteilungen zu begeben.“]
647000 Mann (darunter 200000 Deutsche!) ziehen im Frühling 1812 gen Russland: das Hauptheer unter Napoleon über den Niemen gegen Litauen (Wilna), der rechte Flügel unter Schwarzenberg und Reynier an den unteren Bug, der linke Flügel unter Macdonald (hier die Preussen unter Grawert, später unter York) gegen Kurland und Livland. Die Polen, in Hoffnung auf Wiederherstellung ihres Reiches, fallen dem Eroberer freudig zu (Poniato wski).
Entlassung von Scharnhorst, Gneisenau, Boyen, Clausewitz, Blücher u. a. auf Napol eons Gebot.
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Davout Alexander_I. Napoleons Alexander Alexander Napoleon Schwarzenberg Napoleon Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Franz Franz Napoleons Napoleon Schwarzenberg Macdonald Gneisenau Clausewitz
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